1. Advent 2010 Der barrierefreie Zugang zur Kirche ist (fast) fertig und steht kurz vor seiner offiziellen Einweihung. Testfahrten sind zu diesem Anlass erwünscht. |
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Unter den interessierten Blicken der Gottesdienstbesucher/innen fährt der Aufzug auf und nieder.... | |
... und bleibt bei dieser Generalprobe dann auch prompt mit unserer ehemaligen Küsterin.Luise Beltrami .. | |
... kurz nach dem Start hängen. Hektische Fehlersuche verzögert den Gottesdienstbeginn - und Frau Beltrami wartet geduldig darauf, dass es aufwärts geht. |
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Dieser Bolzen war nicht richtig eingerastet - dann geht aber auch wirklich nichts mehr. Gut, dass dieser Fehler im Vorfeld passierte - jetzt kann bei der Premiere nichts mehr schiefgehen ! |
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Der Tauf- und Einweihungs- Gottesdienst wurde vom
Kirchenchor musikalisch belebt. Die Predigt von Pfarrer Armin Mohr finden sie am Ende dieses Bildberichts. |
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Für die musikalische Gestaltung der anschließenden Einweihungsfeier sorgte dann das Bläserquintet des Posaunenchors. | |
Landrat Dietrich Kübler war an
diesem für die Kirchengemeinde so wichtigen Tag nach
Fränkisch-Crumbach gekommen. Vielen Dank für die Spende! |
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Er wurde genauso im Bild festgehalten... | |
... wie Patrick Eckert in Vertretung des Bürgermeisters... | |
... und Otto Jost von der Bauleitung. | |
Ein besonderer Dank auch an Herrn Lange für die perfekte Gestaltung der Schmiedeeisen-Arbeiten. | |
Und dann war es so weit. Unerwartet war nach dem Gottesdienst der Zugang zum Aufzug durch ein Band versperrt... |
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... das erst vom Bauleiter zerschnitten werden musste. | |
Jetzt ist das Werk vollbracht ! | |
Und für die Premierenfahrt steht wieder Luise Beltrami bereit. | |
Langsam gleitet die Plattform nach unten ... | |
... und kommt sicher auf dem Boden an. | |
Dieses Ereignis wird im Gemeindehaus noch lange gefeiert. |
Viel schlimmer als diese Erlebnisse mit
wirklichen Türen sind die Erfahrungen, die wir machen, wenn im
übertragenen Sinn alle Türen verschlossen sind und
nichts mehr geht:
in einer zwischenmenschlichen Beziehung; -
bei einem Unglück; -
einer Krankheit; -
wenn Pläne und Wünsche sich nicht erfüllen
in der Familie oder im Beruf.
In solchen Situationen reagieren Menschen ganz unterschiedlich.
Die einen resignieren und geben auf.
Andere versuchen es mit Gewalt.
Wieder andere fressen ihre Enttäuschungen in sich hinein und
werden krank.
Manche reden mit einer Freundin oder einem Freund.
Viele beten auch. Sie sprechen über ihre Verzweiflung mit Gott.
Unser heutiger Predigttext ist so ein Gebet, das jemand in einer
scheinbar ausweglosen Situation vor Gott brachte.
Vor über 2500 Jahren hat der Prophet Jesaja dieses Gebet
herausgeschrieen, als er das Gefühl hatte, alle Türen
seien zugeschlagen und verschlossen.
Ich lese aus dem 63 und 64 Kapitel des Buches Jesaja:
"Blicke herab vom Himmel und schaue hernieder von deiner heiligen,
herrlichen Wohnstatt! (…)
"Unser Erlöser" ist dein Name von Urzeit an. Warum
lässest du uns, o Herr, abirren von deinen Wegen?
verhärtest unser Herz, dass wir dich nicht
fürchten? (…) Warum sind wir geworden wie
solche, die du nie beherrscht hast, die nicht nach deinem Namen benannt
sind?
O dass du den Himmel zerrissest und führest herab, dass vor
dir die Berge erbebten, gleichwie Feuer Reisig entzündet, wie
Feuer Wasser in Wallen bringt, damit dein Name deinen Feinden kund
würde und vor dir die Völker erzitterten,
O dass du dich annähmest derer, die Recht üben und
deiner Wege gedenken." (Jes 63,15 - 64,5a
– in Auswahl)
Liebe Gemeinde,
wir kennen heute die Situation, in der sich Jesaja damals befand recht
genau: Nach jahrzehntelangem Exil in Babylon waren er und seine
Landsleute endlich wieder heimgekommen.
Die Heimgekehrten hatten große Erwartungen, Pläne
und Hoffnungen.
Aber in der alten Heimat kam dann alles ganz anders als erhofft.
Wo sie auch hinschauten:
schwierige soziale Verhältnisse,
Ungerechtigkeit,
eine untaugliche Regierung
korrupte Politiker.
Die Unzufriedenheit wuchs. Gleichgültigkeit und Egoismus
breiteten sich in der Bevölkerung aus.
Politiker boten einfache Lösungen an. Und viele folgten den
Rattenfängern, weil das Land einfach nicht auf die Beine kam.
Jesaja sieht dies alles und wendet sich in seiner Verzweiflung betend
an Gott.
O dass du den Himmel zerrissest und führest herab, dass vor
dir die Berge erbebten,
Jesaja schreit zu Gott, weil er die Hoffnung auf Veränderung
nicht aufgegeben hat. Er träumt ihn noch, den Traum von den
uneingelösten Verheißungen, von verändertem
und gelingendem Leben.
Während viele seiner Zeitgenossen sich mit dem Bestehenden
arrangiert hatten und Gehorsam gegenüber den herrschenden
Verhältnissen forderten, trat Jesaja auf als Anwalt der
Phantasie.
„Nichts muss bleiben, wie ist, nur weil es schon immer so
war!“, ruft er seinen Landleuten ins Gedächtnis.
„Vor allem dann nicht, wenn es den Menschen
schadet“,
Und weil Jesaja weiß, dass Gott immer der Menschen Bestes
will, schreit er ihn als Retter herbei:
„Gott, reiß endlich den Himmel
auf und fahre hernieder, uns zu helfen.“
Liebe Gemeinde, schon früh haben Christen diesen Jesajatext
als prophetischen Hinweis auf Weihnachten interpretiert, als
adventlichen Text.
Denn an Weihnachten feiern Christen ja genau das, was Jesaja hier
beinahe ungeduldig herbeisehnt: die Niederkunft Gottes mitten unter den
Menschen.
Und der, der da in einem elenden Stall das Licht der Welt erblickte,
wird die Menschen lehren, dass nicht Gehorsam die erste
Christen-Pflicht ist, sondern Phantasie. Phantasie, die das ganz andere
denkt und alle von Menschen geschaffenen Grenzen überschreitet.
„Ihr habt gehört dass gesagt ist.
Ich aber sage euch“ (Mt 5,27)
Das ist die Kampfansage Jesu an alle, die sich arrangieren wollen, mit
dem was ist und nichts Neues mehr erwarten.
Liebe Gemeinde, wir feiern heute in unserer Ev. Kirchengemeinde den 1.
Advent mit der offiziellen Einweihung unseres barrierefreien Zugangs
zur Kirche.
„Das geht nicht!“, sagten anfangs auch
manche bei uns zu der Idee, am Zugang zu unserer Kirche etwas zu
ändern.
Viel zu steil!
Viel zu teuer!
Und dann der Denkmalschutz !
Bei einer so alten Kirche kann man da nichts machen.
Liebe Gemeinde, der barrierefreie Zugang, den wir heute offiziell
einweihen, ist für mich ein adventliches Zeichen
dafür, dass Veränderungen möglich sind, wenn
man sie wirklich will und wenn man nicht müde wird, Menschen
für eine Veränderung zu begeistern und zu gewinnen.
Aber auch noch in einer ganz anderen Hinsicht ist der neu geschaffene
Zugang für mich ein Zeichen für die ermutigende
Hoffnung des Advent.
Was wir geschaffen haben und heute offiziell einweihen, ist nicht
perfekt und auch nicht abgeschlossen – genau wie wir und
unser Leben.
Wer genau hinsieht entdeckt an unserem neuen Zugang
- bei aller Freude über das bisher
Geleistete - auch Dinge, die man hätte
anders machen können und die noch verändert werden
müssen.
Wie in unserem Leben eröffnet auch hier die Lösung
eines Problems die freie Sicht auf ein anderes.
Dass wir uns durch den Blick auf unser eigenes unvollkommenes Leben und
auf unsere nach Veränderung schreienden, unvollkommenen Welt
nicht entmutigen lassen, sondern uns engagiert für
Veränderungen einsetzen, darum geht es Jesaja und darum geht
es im Advent.
Möge Gott uns bei der Weiterentwicklung unseres barrierefreien
Zugangs zu unserer Kirche ganz viel Freundlichkeit, Geduld und
Phantasie schenken.
Amen.